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Ölpreis
Öl-Konzerne machen enorme Gewinne – und investieren weiter in fossile Energien

Als letzter Ölriese legt auch BP blendende Zahlen vor. Davon profitieren vor allem die Aktionäre – doch die britische Regierung plant bereits eine Übergewinnsteuer.

03.08.2022 | von Torsten Riecke und Kathrin Witsch

Aral-Tankstelle © IMAGO/MiS

London, Düsseldorf Der britische Öl- und Energiekonzern BP hat zwischen April und Juni das beste Quartalsergebnis seit 14 Jahren erwirtschaftet. Der Reingewinn des Unternehmens verdreifachte sich nahezu gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf rund 8,5 Milliarden Dollar. Analysten hatten im Durchschnitt nur mit 6,8 Milliarden Dollar gerechnet. Die Börse reagierte mit einem Plus von mehr als vier Prozent auf die Gewinnschwemme bei BP.

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BP folgt damit den Vorlagen von Shell, Exxon Mobil, Total und Chevron, die in den vergangenen Tagen dank der hohen Öl- und Gaspreise alle enorme Profite vermelden konnten. Insgesamt machten die sogenannten „Supermajors“ fast 400 Milliarden Dollar Umsatz und über 60 Milliarden Dollar Gewinn. Im Vorjahr lag die Rendite noch bei 16,2 Milliarden Euro. 

Das beruht vor allem an satten Gewinnen im Öl- und Gasgeschäft. In den vergangenen Monaten haben allein die Unsicherheiten mit Blick auf den Krieg zwischen der Ukraine und Russland den Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent von 85 US-Dollar zu Beginn des Jahres auf aktuell 100 Dollar steigen lassen. Der Preis für eine Megawattstunde Erdgas in Europa kletterte von 62 auf über 200 Euro. 

So hat der US-Konzern Exxon Mobil seinen Profit fast vervierfacht. Die Milliarden nutzt Big Oil vor allen Dingen um Schulden abzubauen und den Cashflow zu steigern. Zwar investieren die Multis im zweiten Quartal auch wieder etwas mehr, im Vergleich zu früher zeigen sich Shell, BP, Total und Co. allerdings deutlich zurückhaltender. Das soll sich laut BP-Chef Bernard Looney in Zukunft wieder ändern.  

„Die Welt steckt in einem Energie-Trilemma aus Sicherheitsrisiken, hohen Preisen und dem Wunsch nach einer Transformation hin zu kohlenstoffarmen Energieträgern“, sagte Looney. Sein Unternehmen wolle dabei helfen, die Zwickmühle aufzulösen.

Ölriesen stecken Geld in Aktienrückkäufe

Wie die meisten anderen Mitglieder von „Big Oil“, der Gruppe der großen Ölkonzerne, erhöht auch BP seine Dividende und kündigte erneut Aktienrückkäufe an. Die Ausschüttung je Aktie soll um zehn Prozent auf sechs US-Cent steigen. Zudem will das Unternehmen in den kommenden drei Monaten Aktien im Wert von 3,5 Milliarden Dollar zurückkaufen. Bereits im ersten Halbjahr hatte BP seine Aktionäre mit einem Rückkaufprogramm in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar an den Krisengewinnen beteiligt.

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Trotz der deutlichen Mehreinnahmen fließt das Geld also nicht in den grünen Umbau der Unternehmen. BP kündigt zwar höhere Investitionen an, hält sich aber im zweiten Quartal mit Geldern sowohl für das Gas- und Ölgeschäft als auch für den Ausbau der Erneuerbaren-Sparte noch zurück. 

Shell und seine US-Konkurrenten Exxon Mobil und Chevron erhöhen ihre Ausgaben dagegen zwar deutlich. Bei Exxon und Chevron fließt das Geld allerdings fast ausschließlich in Projekte für sogenannten blauen Wasserstoff, der auf Erdgas basiert, und Technologien zur Abspaltung und Speicherung von CO2 (CCS). 

Und während der britische Shell-Konzern seine Investitionen im Bereich Erneuerbare und Energielösungen gerade mal um 200 Millionen Dollar anhebt, steigen die Investitionen in dem Segment Upstream (Öl- und Gasförderung und Verarbeitung) um über eine Milliarde innerhalb von nur drei Monaten. Insgesamt bleibt das Kapital bei allen fünf nach wie vor größtenteils in der eigenen Tasche. 

BP-Chef Bernard Looney © Reuters

BP liefere „das Öl und Gas, das die Welt heute braucht, und investiert gleichzeitig, um die Energiewende zu beschleunigen“, erklärte Looney. Genau das wird jedoch von den Kritikern der Energiebranche bestritten: Statt den Preisschock durch den Ukrainekrieg zu dämpfen und mehr zu investieren, würden die Konzerne hohe Übergewinne (Windfall Profits) einfahren und diese dann über Dividenden und Aktienrückkäufe an die Aktionäre ausschütten. Finanzvorstand Murray Auchincloss hatte im Februar noch orakelt, der Konzern verdiene so viel Geld, dass er nicht wisse, was er damit anfangen solle.

Rund ein Drittel der Gewinne geht in den Abbau der Schulden

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Mit den Steuereinnahmen von etwa fünf Milliarden Pfund (sechs Milliarden Euro) soll den unter den enormen Energiepreisen leidenden Verbrauchern in Großbritannien geholfen werden. Nach einer neuen Prognose der Marktanalysten von Cornwall Insight könnte sich die Energierechnung für einen britischen Durchschnittshaushalt in diesem Jahr auf mehr als 3600 Pfund verdreifachen.

Die hohen Profite im zweiten Quartal werden von der neuen Übergewinnsteuer zwar noch nicht erfasst. BP-Chef Looney wollte zur voraussichtlichen Steuerbelastung noch keine konkreten Zahlen nennen, verwies aber auf die Vorsorgeaufwendungen. Demnach wird das Unternehmen nach eigenen Schätzungen bis 2025 für die „Windfall Tax“ rund 800 Millionen Dollar Steuern zusätzlich zahlen.

Mit 5,9 Milliarden Dollar erwirtschaftete BP den Großteil seiner Profite im Upstream-Bereich der Ölproduktion. Aus dem Bereich „Gas & Low Carbon Energy“ kamen 3,1 Milliarden Dollar.

Looney hatte kürzlich davor gewarnt, dass die Übergewinnsteuer Investitionen in die heimische Energieversorgung bremsen könnte. Eine Aussage, die später von der britischen BP-Chefin Louise Kingham relativiert wurde.

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BP will die Öl- und Gasgewinnung in der Nordsee ausbauen sowie mehr Geld in Windkraft und Elektrofahrzeuge investieren. Erst im Mai hatte BP ein Investitionsprogramm in Höhe von 18 Milliarden Pfund für die nächsten zehn Jahre in Großbritannien angekündigt.

Zugleich konnte der Konzern seine Nettoschulden um weitere zehn Milliarden Dollar auf knapp 23 Milliarden Dollar verringern. Auch künftig will BP rund ein Drittel seines Cashflows nutzen, um seine Schulden abzubauen. „Jetzt ist nicht die Zeit, unsere Disziplin zu lockern“, sagte Vorstandschef Looney. Deshalb plane der Konzern trotz der aktuellen Marktlage auch weiterhin mit einem langfristigen Ölpreis von 40 Dollar pro Barrel.

Erstpublikation: 02.08.22, 9:36 Uhr.

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