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Urlaub in Corona-Zeiten
Hotels nur für Geimpfte: Reisebranche zieht beim Alltours-Vorstoß bisher nicht mit

Der Düsseldorfer Reiseveranstalter will ab Herbst nur noch Geimpfte einquartieren. Online ruft das harsche Reaktionen hervor, offline bekommt der Konzern aber auch Zuspruch.

22.02.2021 | von Christoph Schlautmann

Strand südlich von Athen © dpa

Düsseldorf Mit seiner Ankündigung, voraussichtlich ab 31. Oktober nur noch geimpften Gästen den Zutritt zu den konzerneigenen Allsun-Hotels zu gestatten, erntet Alltours-Inhaber Willi Verhuven seit Freitag in den sozialen Medien massive Schimpftiraden.

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„Möge #Alltours möglichst bald in der Versenkung verschwinden“, wünscht ein „Hagen Graf von Bruckner“ auf Twitter. „#Alltours und Euer Geschäftsführer Will #Verhufen werdet von mir keinen müden Cent mehr sehen!“, wettert eine andere Nutzerin. Ein „Tom“ stänkert: „Dann sehe ich mit Schadenfreude zu wie #alltours pleite geht das wünsche ich euch von Herzen liebes Alltours Team.“

Der Düsseldorfer Reiseveranstalter hatte vor dem Wochenende angekündigt, ab Herbst nur noch Gäste mit einer Corona-Impfung zu beherbergen. Der genaue Zeitpunkt hänge vom Verlauf der Impfungen ab.

Alltours betreibt unter dem Namen Allsun 35 Hotels auf Mallorca, den Kanaren und in Griechenland. „Wir wollen allen Gästen höchstmögliche Sicherheit bieten, damit sie ihren Urlaub entspannt genießen können“, schrieb Verhuven in einer Mitteilung. Bei steigenden Impfquoten und sinkenden Inzidenzen in den Urlaubsgebieten stehe einem Urlaub nichts im Wege.

Anders als die Phalanx der Impfgegner, die sich postwendend auf Twitter und Facebook meldete, äußern Tourismusexperten Verständnis für das Vorhaben. „Diesen Weg muss man nicht gut finden, kann man aber“, urteilte Marija Linnhoff vom Reisebüroverband VUSR. Da es um Verhuvens eigene Häuser gehe, müsse man den Wunsch des Alltours-Inhabers respektieren.

„Verhuven garantiert mit seinem harten Vorgehen Sicherheit und schafft Vertrauen“, sagt Linnhoff. Wer dies ablehne, könne sich schließlich problemlos ein anderes Hotel auswählen. Spekuliert wird in der Branche allerdings, ob auch andere große Hotelketten wie Riu oder Iberostar nachziehen – und damit die Auswahl am Ende deutlich einschränken.

Juristisch spricht nichts gegen den Vorstoß von Alltours

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Bislang gibt es darauf keine Hinweise. „Wir planen derzeit keine derartigen Auflagen, weder in unserer Rolle als Veranstalter noch als Betreiber unserer MP Hotels mit Marken wie Labranda oder Kairaba“, erklärt FTI-Geschäftsführer Ralph Schiller. Man arbeite stattdessen schon jetzt eng mit den jeweiligen Partnern vor Ort zusammen, sodass Gäste mit entsprechenden Hygiene- und Sicherheitskonzepten ihren Urlaub sorgenfrei genießen könnten.

Auch Marktführer Tui lehnt nach eigenen Angaben ein individuelles Vorgehen ab. „Wir setzen das um, was die Regierungen in den Urlaubsländern oder in Deutschland planen“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. „Aus unserer Sicht sind Tests – insbesondere auch Antigentests – ein sinnvolles Vehikel, um die ohnehin bereits hohe Sicherheit der Pauschalreise weiter zu festigen.“

Bei der Rewe-Tochter DER Touristik winkt man ebenfalls ab. „Die Frage nach Vorteilen für bereits geimpfte Personen halten wir für verfrüht und haben keine Planung in dieser Richtung“, sagt Hotel-Divisionschef Georg Schmickler. Noch sei beispielsweise ja nicht ganz klar, wann alle Menschen, die geimpft werden möchten, auch geimpft werden können.

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Juristisch spricht nichts gegen den Vorstoß von Alltours. „Eine Impfpflicht kann zwar nicht eingeführt werden“, erklärt Nils Serfort von der Kanzlei Schumacher & Partner, „allerdings ist es für die Reisebranche möglich, Privilegien für bereits geimpfte Reisende einzuräumen.“ Selbst Kinder bis 16 Jahre, für die derzeit keine Impfung verfügbar ist, dürfe Alltours ausschließen.

Zwischen dem Reisenden und Leistungsträgern wie Hotels, Restaurants oder Fluggesellschaften werde stets ein Vertrag geschlossen, der grundsätzlich der Vertragsfreiheit unterliegt. Das gebe Reiseveranstaltern die Möglichkeit, Buchungen auf bereits geimpfte Personen zu beschränken und somit den Schutz der übrigen Reisenden oder des Hotelpersonals zu gewähren.

Israel macht es vor

Einzige Einschränkung: „Auf bereits getätigte Buchungen hätte dies keinen Einfluss“, erklärt Serfort. „Dort gibt es derzeit noch keine entsprechende vertragliche Regelung, eine nachträgliche Änderung kann nur mit Zustimmung des Reisenden erfolgen.“

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz regelt bislang nur eine Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion (Weltanschauung), einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Eine Erweiterung dieser Grundsätze auf den Impfstatus ist zwar möglich und könnte vom Gesetzgeber beschlossen werden. Ob sich eine politische Mehrheit für ein solches Gesetzesvorhaben findet, das die Vertragsfreiheit einschränkt, ist jedoch fraglich.

In Israel sind derlei Privilegien für Geimpfte schon in der Praxis zu beobachten. Wer eine Spritze gegen das Coronavirus verabreicht bekommen hat – oder als Genesener gilt –, erhält dort auf Wunsch ein „Grünes Abzeichen“. Mit ihm dürfen seit Sonntag wieder Kulturveranstaltungen, Hotels, Schwimmhallen oder Fitnessstudios besucht werden.

Alltours-Chef Willi Verhuven © dpa

Auch Alan Joyce, Chef der australischen Fluggesellschaft Qantas, spricht sich dafür aus, eine Impfpflicht für seine Fluggäste einzuführen. Island, Polen und Rumänien erlauben schon heute Corona-Geimpften die Einreise ohne Quarantäne. Mehr Reisefreiheit für Geimpfte soll es auch in den Urlaubsdestinationen Griechenland oder Mallorca geben.

Reiserechtsexperten weisen außerdem darauf hin, dass in vielen Staaten Afrikas und Südamerikas die Einreiseerlaubnis an oft zahlreiche Impfungen gebunden ist. Die Vorbeugung gegen Diphtherie, Gelbfieber oder Hepatitis kostet Reisende dabei oft mehrere Hundert Euro. Von Boykottaufrufen wie bei Alltours ist am Ballermann oder auf Sansibar bislang jedoch nichts bekannt.

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