Reederei Milliardenhilfe: Berlin bürgt für Hapag-Lloyd
Land in Sicht: Die angeschlagene Hamburger Container-Reederei Hapag-Lloyd kann sich in der schweren Branchenkrise mit Staatshilfe über Wasser halten. Der Staat unterstützt das Traditionsunternehmen mit einer Milliardenbürgschaft. Doch eine letzte Hürde ist noch zu nehmen.
28.09.2009
ek/saf/str HAMBURG. Der Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung der Bundesregierung hat am Montagnachmittag in Berlin entschieden, dem tief in die roten Zahlen gerutschten Konzern eine Staatsbürgschaft über 1,2 Mrd. Euro zu gewähren. Bevor diese Kreditsicherung wirksam wird, muss noch der Haushaltsausschuss des - noch amtierenden - Bundestages unterrichtet werden. Er wird sich am Mittwoch mit dem Thema befassen, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium.
Die fünftgrößte Container-Reederei der Welt hatte zuvor bereits ihr Sparprogramm deutlich verschärft und von den beiden Gesellschaftern Tui (43 Prozent) und Albert Ballin eine Kapitalspritze in dreistelliger Millionenhöhe erhalten. Zusammen mit der Staatsbürgschaft komme der Hamburger Konzern jetzt erst einmal "sicher ins nächste Jahr", hieß es in Unternehmenskreisen. Die Eigentümer begrüßten die politische Entscheidung. Details über die weitere Finanzierung wollen sie erst nennen, nachdem der Haushaltsausschuss informiert worden ist.
Dort zeichnet sich bereits im Vorfeld der Sitzung erhebliche Kritik an der Bürgschaft für Hapag-Lloyd ab. Otto Fricke (FDP), Vorsitzender des Haushaltsausschusses, sieht die Hilfen "äußerst kritisch" und will die Entscheidung der alten Regierung nicht mittragen. "Es kann nicht sein, dass der Bund einem Unternehmen unter die Arme greift, obwohl das Land Hamburg als Eigentümer Zugang zum Kapitalmarkt hat", sagte Fricke dem Handelsblatt. Die Stadt ist größter Investor im Konsortium Albert Ballin.
Zwar kann die FDP die Staatshilfen für Hapag Lloyd gegen die Stimmen von Union und SPD nicht blockieren. Doch ist die Absicht politisch brisant, weil die Liberalen bald im Bund mitregieren. Fricke fürchtet, dass mit Hapag-Lloyd ein "schlechtes Exempel" statuiert werde und andere Länder zum Nachahmen ermutigt würden. Außerdem sieht er nicht die Kriterien für die Inanspruchnahme von Rettungsgeldern aus dem Deutschlandfonds vollständig erfüllt.
Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte, ist die Gewährung einer 90-prozentigen Kredit-Bürgschaft aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg beabsichtigt. Dort waren die Weichen bereits vor zwei Wochen gestellt worden.
Neben der Bürgschaft, die Hapag-Lloyd den Zugang zu dringend benötigtem frischem Geld zur Sicherung der Liquidität ermöglichen soll, sind laut Ministerium Unternehmen und Gesellschafter in der Pflicht. Kostensenkungen in Milliardenhöhe in den nächsten drei Jahren sowie "namhafte Gesellschafterbeiträge" in Höhe von knapp 1,9 Mrd. Euro seien "als wesentliche Maßnahmen zur Stabilisierung des durch die Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geratenen Unternehmens vorgesehen", heißt es in der Erklärung.
Im August hatten sich die Hapag-Gesellschafter darauf verständigt, zur Stärkung des Eigenkapitals und zur Verbesserung der Bilanzstrukturen bei Hapag vorerst 923 Mio. Euro bereitzustellen. Im ersten Halbjahr war der Umsatz von 2,9 auf 2,2 Mrd. Euro gesunken, im operativen Geschäft fuhr Hapag einen Verlust von 435 Mio. Euro ein.
Weitere finanzielle Opfer werden vom nächsten Jahr vor allem von Tui erwartet. Europas größter Reisekonzern hatte nach dem im Frühjahr gescheiterten Versuch, sich möglichst vollständig von seiner Schifffahrtstochter zu trennen, millionenschwere Finanzhilfen als Darlehen gewähren müssen. Erwartet wird, dass Tui zumindest auf einen Teil der in den nächsten Jahren anstehenden Rückzahlungen verzichten muss.
Diese Perspektive und auch die Beteiligung an den Verlusten von Hapag-Lloyd, die in diesem Jahr bereits auf 900 Mio. Euro hochgerechnet werden, würden die ohnehin schon angespannte Finanzlage des Hannoveraner Konzerns stark belasten, hatte die Ratingagentur Moody's vergangene Woche geäußert - und Tui erneut zurückgestuft.