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Mobilitätsdienstleister Flix
Flixbus-Konzern will endlich in die Gewinnzone – und Teil des 49-Euro-Tickets werden

Das starke Wachstum des Mobilitätsanbieters Flix macht sich langsam positiv in der Bilanz bemerkbar. Doch das Investment in eigene Busse und Züge besorgt die Investoren.

24.11.2022 | von Jens Koenen und Arno Schütze

Busstation von Flixbus und Greyhound © Flixbus

Frankfurt Das deutsche Mobilitäts-Start-up Flix – bekannt durch seine beiden Marken Flixbus und Flixtrain – will nach dem starken Wachstum in den vergangenen Jahren endlich in die Gewinnzone kommen. „Kurzfristig haben die Integration von Greyhound und das Thema Profitabilität Priorität“, sagte Chef und Mitgründer André Schwämmlein dem Handelsblatt.

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Erst mittelfristig gehe es wieder um die globale Expansion. Flix werde sich dann alle größeren Busmärkte weltweit anschauen, sagte Schwämmlein. „Aber es gibt nach Brasilien aktuell noch keine Entscheidung darüber, wo wir als Nächstes hingehen werden.“

Flix hatte im vergangenen Jahr in den USA die Traditionsmarke Greyhound übernommen. Zudem startete Flixbus in Brasilien. Das kostete viel Geld, das Unternehmen schreibt wegen der hohen Investitionen bisher Verluste.

Flixbus und Flixtrain: Passagierzahlen steigen schnell

Weil das Unternehmen aktuell weiter in die bestehenden Märkte wie Brasilien, Großbritannien oder Portugal investiere, werde Flix auch 2022 keinen operativen Gewinn erwirtschaften, sagte Schwämmlein. Er fügte aber hinzu: „Die Planung für 2023 und die Folgejahre laufen, und wir sind auf einem klaren Pfad in Richtung Profitabilität.“

Flix veröffentlicht keine aktuellen Geschäftszahlen. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass das zuletzt mit drei Milliarden Dollar bewertete Unternehmen tatsächlich bald die Gewinnschwelle erreichen kann. So schnellte die Zahl der Passagiere in den Bussen und Zügen der Firma in den Monaten April bis September um 130 Prozent auf 34 Millionen in die Höhe.

Das zweite und dritte Quartal sei über die gesamte Gruppe profitabel gewesen, teilte Flix kürzlich mit. Auch bei Greyhound sei die Passagierzahl gestiegen, die Integration komme gut voran, erklärte Schwämmlein.

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Der Erfolg hat seinen Preis. Mit dem Kauf von Greyhound erwarb das Unternehmen rund 1000 Busse und übernahm auch die Fahrer. Eigentlich versteht sich das Start-up aber als Technologieplattform, die Angebote optimal vermarktet. Das Fahren der Busse und Züge überlässt Flix Partnerunternehmen.

Doch nach Greyhound will Flix offensichtlich auch auf der Schiene in Gerät investieren, wo bisher ebenfalls Partnerunternehmen fuhren. Nach Informationen aus Finanzkreisen erwägt das Management den Kauf von Zügen, finanziert über externe Investoren. Schwämmlein wollte sich dazu nicht äußern.

Flix-Investoren sehen Kauf von „Hardware“ kritisch

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Zwar würde der Kauf der Züge über Investoren außerhalb der Flix-Bilanz stattfinden. Dennoch stößt das Vorhaben bei Investoren auf Skepsis, wie in Finanzkreisen zu hören ist. „Nach Ansicht einiger Investoren soll Flix lieber bei dem Asset-Light-Modell bleiben, dort ist man kein großer Fan davon, Hardware in großem Stil zu kaufen“, sagte eine mit der Situation vertraute Person.

An Flix sind Investoren wie General Atlantic, Permira oder Blackrock beteiligt. Die drei Gründer Schwämmlein, Jochen Engert und Daniel Krauss halten nach letzten Angaben noch knapp über 25 Prozent der Anteile. Schon bei der Übernahme der Busse von Greyhound sollen einige Geldgeber Bedenken angemeldet haben.

Flix-Chef Schwämmlein setzt indes große Hoffnungen auf das Zuggeschäft. „Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir mit Flixtrain aus der Pandemie heraus erreicht haben“, sagte er. Es gebe mittlerweile ein einheitliches Produkt, der Aufbau eines Netzes sei entscheidend vorangekommen. „Wir glauben an die Schiene.“

Flixtrain sei sehr nahe am Kerngeschäft, aber natürlich gebe es ein paar Herausforderungen, räumt der Mitgründer ein. Der Zugang zum Netz sei erforderlich, auch sei der Zug ein größeres Investment. „Das Thema rollendes Material ist ein Engpass, aber darüber befinden wir uns in einem regelmäßigen Austausch mit unseren Investoren“, gibt sich Schwämmlein zuversichtlich.

Flixbus-Chef André Schwämmlein © imago/Reiner Zensen

Das seien alles lösbare Themen. „Und wir haben gezeigt, dass wir das Geschäft operativ im Griff haben“, sagte der Flix-Chef. „Wir sehen einen sehr großen europäischen Markt.“ Auch sorge eine eigene Teilflotte für die Sicherheit des Betriebes: „Greyhound wird eigene Busse behalten. Wir brauchen die Kapazität, um landesweit ein attraktives Angebot für unsere Kunden zu haben“, erklärte Schwämmlein.

Doch anders als beim Bus ist die Materialbeschaffung auf der Schiene nicht so einfach – gerade in Deutschland. Wenn nach einigen Jahren die Modernisierung der Flotte ansteht, wird es schwierig. Denn im Fernverkehr existiert kein echter Gebrauchtmarkt, weil es neben der Deutschen Bahn kaum Wettbewerb gibt. Den Investoren, die das rollende Material in der ersten Runde finanzieren sollen, fehlt also die Aussicht auf eine gute Zweitverwertung.

Flixtrain © imago images/Rüdiger Wölk

Gleichwohl sieht Schwämmlein auch in Deutschland Wachstumspotenzial für Flixtrain. Die jüngst beschlossene Entlastung bei den sogenannten Trassenpreisen – eine Gebühr, die für die Nutzung der Gleise entrichtet werden muss – sei positiv.

Auch die Tatsache, dass die Flix-Angebote nach den bisherigen Planungen nicht vom bundesweiten 49-Euro-Ticket profitieren sollen, schreckt den Manager nicht: „Wir werben dafür, den Fernbus mit einzubeziehen. Wir glauben, dass wir viel zum Erfolg des 49-Euro-Tickets beitragen können.“

Flixbus binde die ländlichen Regionen an und bringe junge sowie einkommensschwache Zielgruppen für das Ticket mit. „Wir wollen daher nicht etwas vom Kuchen, wir bringen Kuchen mit“, sagte Schwämmlein. „Es geht um Mehreinnahmen für den Staat in Millionenhöhe, die mit der Einbindung des Fernbusses in das 49-Euro-Ticket erwirtschaftet werden können.“

Die Börse ist für Flix das „natürliche Zuhause“

Es gebe hier durchaus positive Rückmeldungen aus der Politik, die Diskussionen über das Ticket liefen ja auch noch, so Schwämmlein. Aber natürlich hänge die Frage, wo man in Europa investiere, immer auch von den Rahmenbedingungen ab.

Die Frage, wie stark das künftige Wachstum durch eigenes Gerät vorangetrieben wird, ist auch für einen Börsengang entscheidend. Auf dem Parkett kommen Technologieplattformen besser an als Bus- und Zugbetreiber. Die letzte Finanzierungsrunde von Flix über 650 Millionen Dollar liegt bereits rund eineinhalb Jahre zurück.

Schwämmlein selbst sieht die Heimat des Unternehmens irgendwann am Aktienmarkt: „Für ein Unternehmen wie Flix mit einer solch langfristigen Perspektive ist die Börse ein natürliches Zuhause.“

Doch abgesehen von den aktuell schlechten Rahmenbedingungen für Börsengänge generell brauche Flix auch kein Geld, so der Mitgründer: „Wir sind durchfinanziert bis zu dem Zeitpunkt, an dem Flix selbst Cash generiert.“

Das bedeute nicht, dass es keine Finanzierungsrunden geben werde. Es könne immer gute Gelegenheiten geben, auch könne es sich ergeben, dass die Kapitalstruktur verändert werde, sagte Schwämmlein. „Aber es wird keine Kapitalmaßnahmen geben, weil wir unbedingt Geld brauchen.“

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