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Gaming
500 Millionen Dollar mit einem Game: Das Comeback der Berliner Spiele-Schmiede Wooga

Mit einem einzigen Smartphone-Spiel machte die Firma ein Vermögen. Jetzt will der Videospiele-Hersteller Wooga beim Umsatz in eine neue Dimension vorstoßen.

19.09.2022| Update: 19.09.2022 - 12:02 Uhr | von Nadine Schimroszik

Nai Chang © Wooga

Berlin Nach dem medienträchtigen Besuch der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 im quietschbunten Berliner Büro rutschte Videospielentwickler Wooga von einer Krise in die nächste: Die Kosten waren zu hoch, Neuerscheinungen floppten und zahlreiche Mitarbeiter mussten gehen. Ende 2018 übernahm der deutlich größere Playtika-Konzern aus Israel den früheren Börsenkandidaten.

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Die Coronakrise, die der gesamten Branche Auftrieb gab, hat auch bei Wooga für anziehende Geschäfte gesorgt. Das Krimi-Wimmelbildspiel „June‘s Journey“ hat inzwischen seit der Markteinführung vor fünf Jahren 500 Millionen Dollar eingespielt, obwohl das Spiel selbst kostenlos ist. Das ist vor allem über In-App-Käufe gelungen, Spieler verschönern gegen Geld die Insel, den Schauplatz des Spiels und erkaufen sich Hilfe bei der Suche nach der verstorbenen Schwester der Protagonistin.

Dank des Erfolgs von „June‘s Journey“ setzt sich Wooga nun höhere Ziele und will in diesem Jahr den Umsatz deutlich steigern. „Wooga feiert gerade ein Comeback“, sagt Firmenchef Nai Chang, der Mitte 2020 die Leitung von Gründer Jens Begemann übernahm und in der Vergangenheit bereits für die Spielesparte von Google und den großen Wooga-Konkurrenten Zynga aus den USA arbeitete.

Wooga habe Nai Chang zufolge früher auf zu vielen Hochzeiten getanzt. Heute konzentriert sich die Spieleschmiede auf sogenannte „Casual Games“. Das sind Spiele für mobile Geräte wie Smartphones und Tablets, die selten lang am Stück gespielt werden. „Unsere Spiele werden hauptsächlich von Pendlern oder vor dem Schlafengehen gespielt, anstatt fernzusehen oder Netflix zu schauen“, sagt Nai Chang.

Der Markt ist groß: Felix Falk, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Games-Branche „Game“, sagt: „Das Smartphone ist mit 23,5 Millionen Spielenden die meistgenutzte Spieleplattform in Deutschland.“ Allerdings sei der Wettbewerb extrem hart, Spieler von Casual Games seien besonders wechselfreudig. Hits können schnell in der Versenkung verschwinden, wenn sich Spieler neueren Angeboten zuwenden.

Spieleentwicklung ist teuer und zeitintensiv

Das bekam neben Wooga auch der „Farmville“-Entwickler Zynga zu spüren, der nach der Hype-Phase und dem Börsengang 2013 in ein tiefes Loch fiel. Es fehlte an neuen Verkaufsschlagern und die Abhängigkeit von Facebook wurde zum Problem, als das weltgrößte Internetnetzwerk seine Regeln änderte. Inzwischen wurde der US-Konzern vom „Grand Theft Auto“-Erfinder Take Two übernommen.

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Die Entwicklung eines Casual Games wie June‘s Journey, das komplexe Geschichten erzählt, ist zeitintensiv und teuer. Spieler wollen ständig mit neuen Inhalten versorgt werden. Damit sich Wooga finanziell nicht erneut übernimmt, versucht Nai Chang, die Ausgaben zu deckeln: „Wir wollen nachhaltig wachsen.“ Mit Blick auf den börsennotierten Mutterkonzern will der 40-Jährige allerdings keine konkreten Zahlen veröffentlichen und lässt auch offen, ob Wooga aktuell profitabel ist.

Aktuell versucht die Videospielbranche, den Schwung aus der Coronazeit mitzunehmen. Game-Geschäftsführer Falk erklärt: „Jetzt, nachdem mehr Freizeitaktivitäten wieder möglich sind, verlangsamt sich das Wachstum verständlicherweise wieder.“ Im ersten Halbjahr legten die Erlöse im deutschen Spielemarkt nur noch um zwei Prozent zu.

Wooga-Spiele haben viele weibliche Spielerinnen

Wooga machen auch die neuen Datenschutzregeln auf Apple-Geräten zu schaffen, die es erschweren, effizient zu werben. Wooga setzt deswegen Nai Chang zufolge verstärkt auf Anzeigen in den herkömmlichen Medien Fernsehen und Print, außerdem in Podcasts. Dabei spricht Wooga mehrheitlich auch Frauen an, im Vergleich zum klassischen Gaming-Sektor ist die Zielgruppe von Casual Games noch deutlich bunter gemischt. „June‘s Journey“ zählt rund zwei Drittel weibliche Spielerinnen.

Auf diese Quote kommt Wooga in der Mitarbeiterschaft noch nicht. Allerdings hat Nai Chang sich zum Ziel gesetzt, mehr Diversität in die von Männern dominierte Spielebranche zu bringen. Inzwischen sind 42 Prozent der rund 300 Wooga-Beschäftigten Frauen. Dafür setzen die Berliner bereits bei den Wurzeln an und halten früh Ausschau nach Kandidatinnen beispielsweise bei Talenttagen.

Hinweis:
Wooga will in diesem Jahr seinen Umsatz deutlich steigern. Eine konkretere Angabe zum Umsatzziel hat das Unternehmen nachträglich zurückgezogen.

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