Pkw-Maut Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Falschaussage gegen Andreas Scheuer
Die gescheiterte Pkw-Maut war das Prestigeprojekt des ehemaligen Verkehrsministers. Nun wirft die Staatsanwaltschaft ihm Falschaussagen vor dem Untersuchungsausschuss vor.
03.05.2022| Update: 03.05.2022 - 12:18 Uhr | von Daniel Delhaes
Andreas Scheuer © dpa
Berlin Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und den früheren Staatssekretär Gerhard Schulz eingeleitet. Ermittelt wird, ob sie vor dem Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut uneidlich falsch ausgesagt haben.
Dies teilte die Behörde am Dienstag mit. Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet. Bereits am 13. April sei das Ermittlungsverfahren gegen Scheuer und Schulz eingeleitet worden, erklärte die Staatsanwaltschaft.
Scheuer weist die Vorwürfe zurück, im Maut-Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt zu haben. „Ich habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäß ausgesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen“, sagte der ehemalige Verkehrsminister dem Handelsblatt. „Ich gehe fest davon aus, dass auch eine Überprüfung zu keinem anderen Ergebnis kommen wird.“
Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen, nachdem mehrere Anzeigen gegen Scheuer und dessen ehemaligen Staatssekretär Schulz – der inzwischen Geschäftsführer des verstaatlichten Mautbetreibers Toll Collect ist – eingegangen sind. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft besteht der Anfangsverdacht „bewusst wahrheitswidrig ausgesagt zu haben“.
Der Bundestagsabgeordnete Victor Perli (Linke) erklärte, er und sein damaliger Fraktionskollege Fabio de Masi hätten 2019 Anzeige gegen Andreas Scheuer erstattet. „Die Auftritte von Scheuer und seinem Staatssekretär im Untersuchungsausschuss waren nicht glaubhaft. Es steht zudem weiter der Vorwurf im Raum, dass Steuergelder veruntreut worden sind, um Maut-Amigos zu beglücken und Wahlen zu gewinnen“, sagte der Haushaltspolitiker Perli. „Es lässt auf Gerechtigkeit hoffen, dass die Staatsanwaltschaft jetzt ermittelt.“
Die Pkw-Maut, ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung, war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig gestoppt worden. Daraufhin hatte Scheuer die Verträge umgehend gekündigt. Ein Untersuchungsausschuss hatte sich mit möglichen Fehlern Scheuers befasst.
Hohe Kosten für Steuerzahler möglich
Damals ging es um die Frage, wie es zum Vertragsschluss für die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland gekommen war. Nach Aussagen der Vertreter des damaligen alleinigen Bieterkonsortiums „Paspagon“ für den Mautbetrieb, hatte dieses angeboten, mit dem Vertragsabschluss zu warten, bis der Europäische Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Mautpläne geurteilt habe.
Scheuer wie Schulz erklärten im Ausschuss, es habe so ein Angebot nicht gegeben. Indes hieß es seinerzeit, das Angebot sei abgelehnt worden, weil der Zeitplan eng gewesen sei und der Minister darauf bestanden habe, das Prestigeprojekt der CSU noch vor der Bundestagswahl 2021 einzuführen.
Die mögliche Verschiebung gehörte zu den entscheidenden Fragen im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags. Hätte es eine spätere Unterzeichnung gegeben, dann wäre das Projekt nicht vor dem Urteil gestartet. So wären auch nicht 560 Millionen Euro Schadensersatz, die sich wie vertraglich vereinbart aus dem Bruttounternehmenswert ergeben hatten, von der inzwischen als Autoticket GmbH gegründeten Mautgesellschaft reklamiert worden.
Daraufhin kam es zu einem Schiedsverfahren. Ende März hatte ein Gericht entschieden, dass die Schadensersatzansprüche in der Sache begründet seien. Nun müssen sich der Bund und das Konsortium auf einen Betrag einigen.