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Pflegenotstand
Lauterbach will Krankenpflege entlasten – Kliniken drohen Strafen

Der Gesundheitsminister plant grundlegende Verbesserungen in der Pflege. Sie sollen dem Mangel an Personal in Kliniken entgegenwirken.

07.07.2022| Update: 07.07.2022 - 13:53 Uhr | von Jürgen Klöckner

Karl Lauterbach © dpa

Berlin Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will dem Pflegenotstand mit einem neuen Instrument für die Personalbemessung entgegenwirken. Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz gingen den Ampelfraktionen zu, wie es am Donnerstag aus Regierungskreisen hieß.

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Es soll dazu führen, dass Kliniken künftig so viele Pflegekräfte beschäftigen müssen, wie tatsächlich benötigt werden. Krankenhäuser, die die Vorgaben nicht erfüllen, müssen ab dem Jahr 2025 mit Sanktionen rechnen.

Lauterbach kündigte das Vorhaben erstmals vor zwei Wochen vor der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg an. Vor demonstrierenden Pflegekräften sagte er seine „volle Unterstützung“ zu. „Die zentrale Forderung einer Personalbemessung teile ich.“

Die Regierung werde die neue Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) einführen. Die Situation in der Pflege gilt als angespannt. In Nordrhein-Westfalen etwa streiken seit zehn Wochen Beschäftigte von sechs Unikliniken für bessere Arbeitsbedingungen.

Dem Vorhaben zufolge sollen Patienten künftig in Leistungsstufen in der Grund- und Spezialpflege eingeteilt werden. Für jede Stufe soll in Minuten festgelegt werden, wie lange für die Pflege gebraucht wird.

Ein paar Minuten mehr Zeit pro Patient

In der Summe soll sich so ein Zeitwert pro Patient ergeben, wobei weitere Berechnungsgrößen („Grund- und Fallwerte“) dazukommen sollen. Unterm Strich soll so der Bedarf an Pflegepersonal abgebildet werden. Der offiziell festgelegte Bedarf an Pflegezeit pro Patient wird durch das neue Instrument demnach im Schnitt voraussichtlich um 8,1 Prozent steigen.

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Pflege © dpa

Einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge wäre mehr als jede zweite ausgestiegene Pflegekraft bereit, in den Job zurückzukehren. Insgesamt stünden Deutschland rund 300.000 zusätzliche Vollzeitkräfte zur Verfügung, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Genau diesen Effekt erhofft sich die Regierung von dem neuen Gesetz.

Eine Erprobungsphase ist ab 1. Januar 2023 geplant, wie es in den Regierungskreisen weiter hieß. Beteiligt werden soll dabei vorerst eine „repräsentative Auswahl“ an Krankenhäusern.

Ab 1. Januar 2024 soll das Personalbemessungsinstrument verpflichtend in allen Kliniken eingesetzt werden. Wenn für eine Klinik allerdings tarifvertragliche oder anders vertraglich getroffene Vereinbarungen zur Entlastung des Pflegepersonals vorliegen, dann sollen die Kliniken das neue Instrument nicht anwenden müssen.

Dann sollen auch keine Sanktionen drohen. Wie es in den Regierungskreisen weiter hieß, wäre ein Entlastungstarifvertrag, wie ihn die Uniklinik-Beschäftigten in NRW derzeit zu erkämpfen versuchen, eine solche mögliche Alternative zum geplanten Personalbemessungsinstrument.

Die Gewerkschaft Verdi, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Deutsche Pflegerat hatten dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits 2020 die Eckpunkte für das neue Personalbemessungsinstrument übergeben. Nach der Bundestagswahl nahmen die Ampelparteien das Vorhaben dann in ihren Koalitionsvertrag auf.

Mit Agenturmaterial.

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