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Coronakrise
Berliner Wirtschaftsverbände appellieren, den Mittelstand nicht im Stich zu lassen

Die Wirtschaft der Hauptstadt kritisiert weiterhin eine Förderlücke für mittelständische Unternehmen. Ein Zuschussprogramm sei unabdingbar.

16.04.2020 | von Silke Kersting

Geschlossene Restaurants in Berlin © AFP

Berlin Die Unzufriedenheit in der Berliner Wirtschaft mit der Unterstützung des Mittelstandes während der Coronakrise hält an. Am Donnerstag forderten 17 Berliner Wirtschaftsverbände in einer fünfseitigen Erklärung gemeinsam den Berliner Senat auf, ein erweitertes Zuschussprogramm für mittelständische Unternehmen zu beschließen.

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Sie sehen sowohl im Vergleich zu kleineren Unternehmen als auch zu mittlerweile 14 anderen Bundesländern eine erhebliche Förderlücke, die ihrer Meinung nach geschlossen werden muss. Das Programm soll mindestens für Unternehmen mit zehn bis 100 Beschäftigten und unabhängig von Bundeskrediten zur Verfügung gestellt werden.

Die Verbände empfehlen eine Staffelung der Zuwendungen bis 50 Beschäftigte in Höhe von 30.000 Euro und bis 100 Beschäftigte in Höhe von 60.000 Euro. Zudem solle der Senat sich dafür einsetzen, dass Unternehmen, die Corona-bedingte Kredite in Anspruch nehmen, Zinsen und Tilgungen dieser Kredite künftig steuerlich geltend machen können.

Mittelständische Unternehmen prägen die Berliner Wirtschaftsstruktur und haben in den vergangenen Jahren maßgeblich zum Wachstum von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen beigetragen, erklären die Verbände. So entfielen 80 Prozent der Umsätze und 85 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze auf Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern.

Nur ein Teil dieser rund 17.500 Unternehmen wird nach Prognose der Verbände Zuschüsse beantragen. Daher werde voraussichtlich ein Programmvolumen von 400 bis 500 Millionen Euro benötigt. Zum Vergleich: Brandenburg hat seinen Rettungsschirm auf ein Volumen von zwei Milliarden Euro ausgedehnt.

„Berlin lebt von seinem Mittelstand“, heißt es in der Erklärung, die dem Handelsblatt vorliegt. Der Mittelstand sei das Rückgrat der Berliner Wirtschaft: der Handwerker im Kiez, das Busunternehmen im Familienbesitz, der Industriebetrieb im Gewerbehof: „Berlins Wirtschaft wäre arm ohne diese Beispiele.“

Wirtschaft schrumpft stark

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Doch die Unternehmen seien in akuter Gefahr. Die Coronakrise drohe, gewaltige Wunden in die Berliner Wirtschaft zu schlagen. Die Verbände rechnen mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von deutlich mehr als fünf Prozent. „Was uns in der Wirtschafts- und Finanzkrise zum Vorteil gereichte, nämlich ein geringerer Anteil des Industrie- und Finanzsektors, kehrt sich nun gegen uns: Weil die betroffenen Branchen einen überdurchschnittlichen hohen Beitrag zur Berliner Bruttowertschöpfung leisten, werden die Einschläge heftiger sein als im Bund.“

Nach ersten Berechnungen der Industrie- und Handelskammer könnte die Berliner Wirtschaft 2020 bereits in einem Szenario mit relativ kurzem Lockdown um mehr als zehn Prozent schrumpfen. Die Verbände weisen darauf hin, dass mit dem neuen Soforthilfe-Paket für Unternehmen von elf bis 100 Beschäftigten, das der Senat am 9. April angekündigt hatte, weiterhin Kredite im Vordergrund stehen. 

Zuschüsse würden den Unternehmen erst gewährt, wenn eine Ablehnung des Kreditantrags auf Bundesmittel vorliegt. Nach Einschätzung der Verbände helfen Kredite den Unternehmen aktuell aber nur bedingt: Angesichts des erzwungenen Stillstands und der unsicheren Perspektive, wann die Krise endet, fehle vielen Unternehmen die Kapitaldienstfähigkeit. Dies mache ein Zuschussprogramm unabdingbar.

Über Zuschüsse konnten sich in Berlin Solo-Selbständige und Kleinunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern freuen. Bei Unternehmen bis fünf Mitarbeitern stockte das Land die Bundeshilfen zunächst sogar auf und war damit großzügiger als manches andere Bundesland. Unternehmen mit mit mehr als zehn Mitarbeitern mussten von Anfang an mit Krediten vorlieb nehmen.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Industrie- und Handelskammer Berlin, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und der Bauindustrieverband Ost.

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