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Kommentar
Jetzt kommt die Rechnung für den verpassten Klimaschutz

Versicherer lehnen zunehmend Klimarisiken ab. Das sollte der Wirtschaft zu denken geben: Es lohnt sich eben doch, frühzeitig auf Fachleute zu hören.

20.08.2023 | von Frank Wiebe

Verwüstete Hafenanlagen nach Waldbränden auf Maui, Hawaii © via REUTERS

Wir alle waren gewarnt. Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Ausstoß von CO2 und dem Klima gibt, ist vom Prinzip her seit mehr als 100 Jahren bekannt. Inzwischen ist es längst statistisch nachgewiesen und naturwissenschaftlich gut erklärt – mehr Beweis geht nicht.

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Die Versicherer, etwa die mächtige Münchener Rück, warnen seit Jahrzehnten vor dem Risiko; sie waren schon dabei, als Klimaaktivisten in weiten Kreisen noch als Spinner abgetan wurden. Kein Wunder: In dieser Branche landen Risiken, die andere Branchen externalisieren, also in die Umwelt abschieben. Und kleinreden.

Die Erkenntnis, dass eine wirksame Klimapolitik nötig ist, hat sich zwar inzwischen weitgehend durchgesetzt. Aber die praktische Bereitschaft dazu ist gebremst durch die Angst vor den Kosten – und durch das Prinzip „Hannemann, geh du voran“, das aus dem Schwank von den Sieben Schwaben stammt und schon von Peter Alexander besungen wurde: Sollen doch erst einmal die anderen, die Amerikaner oder die Chinesen, etwas tun, bevor es uns selbst wehtut.

Jetzt kommt die Rechnung für diese Untätigkeit: Vor allem in den USA, aber auch in Deutschland werden Risiken, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, zunehmend teurer in der Versicherung oder gar unversicherbar. Dabei sind wir in den entwickelten Ländern noch gut dran.

Viele Menschen in wirtschaftlich schwachen Ländern können nur weglaufen, wenn die Erde ausgedörrt ist oder überschwemmt wird. Wenn sie dann nach Europa fliehen und es damit bei uns politische Probleme gibt, hilft allerdings auch keine Versicherung mehr.

Das Beispiel sollte eine Mahnung sein: Bei komplizierten Problemen wie dem Klimawandel hilft es, auf Fachleute zu hören. Bei Risiken hilft es, auf die zu hören, die sich mit Risiken auskennen. Beides erscheint banal, aber ist jahrzehntelang ignoriert worden und wird zumindest beim praktischen Handeln häufig immer noch vernachlässigt.

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Klimaschutz: Abenteuerliche Meinungen zu neuen Technologien

Auch in der Politik werden über naturwissenschaftliche Vorgänge oder neue Technologien ohne Scham abenteuerliche Meinungen geäußert. Etwa, wenn die Kernfusion als realistisch greifbare Technologie angesprochen wird, obwohl schon seit einem halben Jahrhundert die Experten eine Realisierbarkeit erst in rund 30 Jahren erwarten und diesen Horizont bis heute immer weiter verschieben.

Interessant ist in dem Zusammenhang auch das Thema „Kernkraft“. Es gibt wirtschaftlich und politisch schwerwiegende Argumente dafür und dagegen, aber es sollte jedenfalls auch zu denken geben, wie schwer diese Risiken zu versichern sind.

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Zwar ist die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt von Schäden sehr gering, aber das mögliche Ausmaß ist eben sehr groß. Dieses besondere Risikoprofil sollte man nicht ignorieren: Wer es eingehen will, darf es nicht verschweigen oder kleinreden.

Erstpublikation: 16.08.2023, 17:54 Uhr

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