ABO

Kommentar
Jetzt erst recht: Europa muss raus aus der Rohstoffabhängigkeit

Kaum versucht Europa, sich aus der Abhängigkeit von China zu lösen, demonstriert Peking seine Macht mit neuen Exportkontrollen. Doch diese Macht lässt sich brechen.

06.07.2023 | von Kathrin Witsch

Solar © Silke Reents / VISUM

Düsseldorf Eine Energiewende wird es in Europa ohne China nicht geben. Das gilt nicht nur für die europäische Solarindustrie und ihre absolute Abhängigkeit von China. Das gilt für die Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft.

Anzeige

Jahrelang hat die Volksrepublik ihre Rohstoffproduktion ausgeweitet und Exporte vor allem in Richtung Europa erhöht. Jetzt zeigt die Regierung in Peking, wie viel Macht sie wirklich hat. 

Ziel der angekündigten Exportkontrollen für die Metalle Gallium und Germanium sollen zwar eigentlich die USA und Japan sein. Sie könnten aber auch für Deutschland und Europa zum Problem werden. 

Allein die theoretische Gefahr sollte Anlass genug sein, die Rohstoffstrategie der Europäischen Union, den sogenannten Raw Materials Act, so schnell wie möglich umzusetzen und die Produktion und Verarbeitung kritischer Metalle auf dem eigenen Kontinent voranzubringen. 

Die Ressourcen sind nämlich durchaus da. In Schweden wurde ein Grafit-Vorkommen gefunden, das ganz Europa jahrelang mit dem Rohstoff versorgen könnte, der vor allem für die Herstellung von E-Auto-Batterien wichtig ist. Auch seltene Erden wurden in großen Mengen in Schweden gefunden. Es gibt viele Rohstoffe in Europa: so auch Lithium, zum Beispiel im Erzgebirge oder am Oberrheingraben. Das Metall kommt fast überall auf der Welt vor, nur die Verarbeitung findet fast ausschließlich in China statt.

Zwar gibt es in Europa Vorhaben, Lithium erstens zu fördern und zweitens auch selbst zu verarbeiten. Aber die Projekte warten teilweise schon jahrelang auf politische Entscheidungen. Andere, wie die Gallium-Produktion im norddeutschen Stade, mussten ihre Tore schließen, weil sich das Geschäft nicht mehr gerechnet hat. Das ist meistens der Fall, wenn auf der anderen Seite ein chinesischer Staatsapparat steht, der den eigenen Unternehmen die günstigsten Produktionsbedingungen garantiert. 

Anzeige

Ohnehin lassen sich die Rohstoffimporte aus China nicht vollständig kompensieren. Das sollte auch nicht das Ziel sein. 

Das Ziel muss sein, auf möglichst viele verschiedene Lieferanten zu setzen. Über 90 Prozent der seltenen Erden importiert Europa aktuell aus China. Dabei wäre deutlich weniger möglich. Es gibt andere Produzenten auf der Welt.

Und ein Teil der Produktion kritischer Rohstoffe sollte wenn möglich auch in Europa selbst stattfinden. Es darf nur keine Frage der Wirtschaftlichkeit sein, sondern sollte eine Frage der nationalen Sicherheit werden. Die muss dann aber auch etwas kosten dürfen.                            

Weiterlesen...

Anzeige
ICO/Audio-Play@1,5x stop „@1x